top of page

Wettbewerb ist für Verlierer

Erik Brauer

„Wenn Sie ein Unternehmen gründen, wollen Sie immer ein Monopol anstreben. Man will immer den Wettbewerb vermeiden. Wettbewerb ist für Verlierer” – Peter Thiel


Die anhaltenden Diskussionen über die Begrenzung der Macht der größten Technologieunternehmen sowohl in den USA als auch in Europa haben ein Phänomen wieder ins Blickfeld gerückt: die Entstehung von Monopolen und wie man ihnen begegnen kann.


Zunächst einmal sind Monopole nicht per se schlecht. Im Grunde werden sie vom Staat geschützt, wenn auch in geringem Umfang. Dies geschieht durch das Patentrecht, das in gewissem Umfang die Rechte und damit das Monopol für ein bestimmtes Produkt oder Verfahren garantiert - für einen begrenzten Zeitraum. In manchen Bereichen sind sie sogar unverzichtbar, wie z. B. bei der Wasserversorgung, wo die Kosten für die Errichtung redundanter, paralleler Leitungen den Nutzen übersteigen. Und ist es nicht angenehm, überall auf der Welt mit Visa-Kreditkarten zu bezahlen, ohne dass für jedes Land eine eigene Karte benötigt wird?


Visa und Mastercard bilden ein Duopol, ermöglichen aber weltweite Zahlungen

Trotz dieser Beispiele ist die Bewertung von Monopolen, wenn es um größere Unternehmen und ihre Marktmacht geht, auch in der Wissenschaft eindeutig: Sie führen zu Ineffizienzen, und wenn sie zerschlagen werden, steigen Beschäftigung, Produktivität und Wettbewerb in den betroffenen Sektoren. Auch in der Öffentlichkeit werden Monopole oft als etwas Bösartiges und Gieriges wahrgenommen. Das erste Monopol, das in den USA aufgelöst wurde, war die Standard Oil Company. Sie wurde von John D. Rockefeller gegründet. Alles begann mit einer kleinen Raffinerie in Cleveland. Durch Vereinbarungen mit den Eisenbahngesellschaften, die für den Transport des Öls benötigt wurden, gelang es Rockefeller, andere Raffinerien zu unterbieten und sie nach und nach aus dem Markt zu drängen oder aufzukaufen. Bis 1891 stammten 90 Prozent der US-amerikanischen Kerosinexporte von der Standard Oil Company, und das Unternehmen kontrollierte 70 Prozent des Weltmarktes.


Dieses Beispiel veranschaulicht, wie Monopole gebildet werden und warum dies aus unternehmerischer Sicht wünschenswert ist. Die meisten beginnen mit einer kleinen Idee - einer Raffinerie in Cleveland oder einem Online-Versandhandel für Bücher. Eine Nische, die es zunächst zu besetzen gilt. Ist diese erobert, wächst das Unternehmen in konzentrischen Kreisen und beginnt nach und nach, andere Bereiche zu übernehmen. Heute kann man bei Amazon nicht nur Bücher kaufen, sondern im Grunde alles und auch Filme und Musik streamen. Dahinter steht das Ziel, sich einen möglichst großen Teil des Wertes eines Marktes zu sichern. Dies ermöglicht einen rentablen Geschäftsbetrieb und sichert vor allem die Zukunft des Unternehmens sowie die Unterstützung der Investoren, die eine Rendite auf ihr eingesetztes Kapital verlangen. Wird eine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt, leiden darunter die Produktivität und der Wettbewerb, was wiederum auch für die Verbraucher schlecht ist.


Das genaue Gegenteil ist ein freier Markt mit vielen Wettbewerbern ohne individuelle Vorteile. Klassische Beispiele sind die zivile Luftfahrt oder der Musik-Streaming-Markt. Bei letzterem sind die Angebote auf allen Plattformen, ob Apple Music oder Spotify, nahezu identisch. Der Kunde profitiert von einem breiten Angebot und niedrigen Preisen, obwohl Spotify selbst als Unternehmen damit keine Gewinne erwirtschaftet. In einer ähnlichen Situation befand sich Netflix vor rund 10 Jahren. Die Lösung: Eigenproduktionen. Diese stellen als exklusive Inhalte wiederum ein Monopol dar. Eine Nische in einem Markt, der nur Netflix-Kunden offen steht. Unter anderem dank dieser Eigenproduktionen ist Netflix an der Börse 6x wertvoller als Spotify - bei nur 3x mehr Umsatz. Der Wettbewerbsvorteil, den Unternehmen gegenüber anderen Marktteilnehmern haben, wird als Burggraben bezeichnet. Er ist wie ein schützender Graben, der andere davon abhält, in die eigene Unternehmensburg einzudringen. Aus Anlegersicht sind Unternehmen wie Visa, Amazon, Amphenol und Linde solchen mit einem kleinen Burggraben vorzuziehen, der aufgrund des starken Wettbewerbsdrucks zu niedrigen Margen und schwankenden Umsätzen führt (z.B. Spotify, Lufthansa, Expedia, etc.).


Eigene Produktionen senken Kosten und binden Kunden

Fazit: Monopole verbessern das Leben der Menschen durch innovative oder billigere Produkte und erlangen dadurch oft ihre marktbeherrschende Stellung. Ist die Marktmacht erst einmal erlangt, führt der abnehmende Wettbewerbsdruck zu Ineffizienzen und nachlassender Innovationskraft. Unternehmen versuchen, ihre Marktmacht zu erhalten, indem sie sie ausnutzen, aber wie die Fälle von IBM und Xerox zeigen, gelingt dies nicht unbedingt und kann auch durch natürlichen Wettbewerb verdrängt werden. Aber wie bei einem Baum, der zu wild wächst, kann das Beschneiden zu neuem Wachstum und größeren Früchten für alle führen. Im Fall der großen Technologieunternehmen wie Meta (ehemals Facebook) könnte dies die Aufspaltung in getrennte Unternehmen bedeuten, die dann wieder mehr Wettbewerb ausgesetzt sind.


Übrigens: Die Auflösung der Standard Oil Corp. hat John D. Rockefeller nicht arm gemacht. Nach der Auflösung im Jahre 1911 kaufte er Anteile an den daraus entstandenen Unternehmen, die ihn 1916 zum ersten Milliardär der Geschichte machten. Zu diesen Unternehmen gehören auch heute noch bekannte Firmen wie BP, ExxonMobil und Shell sowie Unilever, das in den örtlichen Supermärkten wieder eine beherrschende Stellung einnimmt, allerdings nicht mehr mit Öl, sondern mit Eiscreme, Duschgels und Fertiggerichten.

bottom of page