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Das Ende des MSCI World

pentatrading

"Der Feind eines guten Plans ist der Traum vom perfekten Plan. Halte dich an den guten Plan."


Der MSCI World ist ein Index, mit dem Anleger mit minimalem Aufwand und einem einzigen Produkt ein weltweit diversifiziertes Aktienportfolio aufbauen können. Und im Gegensatz zu aktiv verwalteten Fonds ist dies zu unschlagbar niedrigen Kosten von weniger als 0,1 % pro Jahr möglich. In diesem Jahr hat der Index eine Rendite von knapp 20 % erzielt, und seit seiner Auflegung im Jahr 1986 hat er im Durchschnitt 8 % pro Jahr erreicht.


Dennoch wurde in den letzten Wochen zunehmend Kritik am MSCI World laut. Warum?


Der Hauptkritikpunkt ist die hohe Gewichtung des US-Marktes und insbesondere der Mega-Caps: Apple, Alphabet, Microsoft, Amazon, Tesla, Nvidia, Meta. Allein diese 7 Aktien machen einen Anteil von knapp 20% aus. Der Anteil der US-Aktien liegt bei unglaublichen 70%. Von einem Weltindex kann also kaum die Rede sein. Es wird auch argumentiert, dass die hohe Gewichtung nicht die tatsächliche Wirtschaftsleistung der einzelnen Länder der Welt widerspiegelt. Für die USA beträgt diese gerade einmal 15% des globalen BIP. Allerdings ist die hohe Gewichtung zunächst das Ergebnis der starken Performance der letzten Jahre. Der Börsenwert bestimmt den Anteil im Index. Steigt eine Aktie besonders stark an und wird damit wertvoller, nimmt sie automatisch einen höheren Anteil im Index ein. Diese einfache Art der Gewichtung ist in vielen Indizes zu finden. Es ist daher auch klar, dass es sich um ein selbstkorrigierendes Prinzip handelt, bei dem die Schwäche solcher Aktien im Laufe der Zeit auch zu einer geringeren Gewichtung führt.


S&P500-Heatmap für die Rendite im Jahr 2023 und Anteil des Indexgewichts, angegeben durch die Kachelgröße
S&P500-Heatmap für die Rendite im Jahr 2023 und Anteil des Indexgewichts, angegeben durch die Kachelgröße

Um zu verstehen, ob diese hohe Gewichtung gut oder schlecht ist, kann man sich ansehen, was passiert, wenn man die Gewichtung ändert. Eine Möglichkeit ist die Betrachtung des S&P500 und des Nasdaq100. Bei beiden werden im Vergleich zum MSCI World alle Nicht-US-Aktien "eliminiert". Im S&P500 beträgt der Anteil der oben genannten 7 Aktien 25%, im Nasdaq100 sogar 40%.


Nasdaq100 heatmap for the 2023 return and share of index weight indicated by tile size
Nasdaq100-Heatmap für die Performance im Jahr 2023 und Anteil des Indexgewichts, angegeben durch die Kachelgröße
Nasdaq100-Heatmap für die Performance im Jahr 2023 und Anteil des Indexgewichts, angegeben durch die Kachelgröße

Betrachtet man die Performance, so wird schnell klar, dass sich die hohe Gewichtung eher positiv ausgewirkt hat:

Kumulative Performance (in %) seit 2012 für den MSCI World (blau), den S&P500 (orange) und den Nasdaq100 (cyan)
Kumulative Performance (in %) seit 2012 für den MSCI World (blau), den S&P500 (orange) und den Nasdaq100 (cyan)

Dies lässt sich sogar direkt an der relativen Performance des MSCI World ohne US-Aktien gegenüber dem S&P500 messen. Dies zeigt deutlich, dass etwa seit 2010 US-Aktien die Gesamtperformance des MSCI World bestimmt haben (in folgender Darstellung bedeutet ein sinkender Wert eine Überrendite durch US-Aktien):


Outperformance eines Weltportfolios vs. US-Aktien

Die genannten 7 Aktien haben in den letzten Jahren überdurchschnittliche Renditen erzielt und haben dies auch im letzten Jahr getan. Es ist nun ein Fehler, diese Entwicklung linear in die Zukunft zu extrapolieren. Klar ist aber auch, dass eine pauschale Aussage, die höhere Gewichtung sei ein Problem, falsch ist. Dies gilt auch über einen längeren Zeitraum hinweg. Der Nasdaq100 hat seit seiner Auflegung eine Rendite von 13000% erzielt, der S&P500 im gleichen Zeitraum 2500%. Andere Indizes wie der MSCI China oder der Dax-Kursindex haben seit ihrer Auflegung 1-3% pro Jahr erzielt. Dies macht deutlich, dass die Renditeaussichten und das Risiko nur bedingt mit der Gewichtung oder Risikostreuung der Unternehmen im Index zusammenhängen. Viel wichtiger sind die Qualität und die Wachstumsaussichten der im Index vertretenen Unternehmen, und auch diese werden für die USA in den kommenden Jahren höher eingeschätzt als für die Eurozone.


Ok, also lieber den Nasdaq100 als den MSCI World kaufen? Nun, ganz so einfach ist es nicht. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass der Nasdaq100 in den nächsten Jahren komplett zusammenbricht und im Gegenzug der Dax durch die Decke schießt. Nein, was das Ganze so komplex macht, ist, dass der Anlagehorizont und das eingesetzte Kapital von Anleger zu Anleger unterschiedlich sind. Hier ein Beispiel. Nehmen wir zwei Portfolios, die über 5 Jahre jährlich um etwa 3% steigen. Der Unterschied liegt in der Reihenfolge der Renditen über die Jahre, denn die jährliche Performance schwankt in diesem Beispiel zwischen -28% und +36%. Im Portfolio A sind die stärksten Jahre gleich zu Beginn, im Portfolio B die schwächsten. Bei einer einmaligen Investition (hier 5.000 €) spielt das keine Rolle, da beide Portfolios am Ende gleich viel wert sind. Spannend wird es nur, wenn man nicht das ganze Geld auf einmal anlegt, sondern immer wieder kleinere Beträge, wie es wohl die meisten Privatanleger tun (hier: Start mit 2000 € und in den ersten 3 Jahren jeweils 1000 € einzahlen). Portfolio B profitiert stark von den späten hohen Gewinnen, während Portfolio A in der Sparvariante mehr Verluste anhäuft und unterm Strich weniger als 5000 € wert ist, obwohl der Index im Durchschnitt um mehr als 3 % pro Jahr gestiegen ist. In einem Fall ist die reale Rendite schlechter als der Vergleich, im anderen Fall ist sie besser.

Über- oder Unterdurchschnittliche Entwicklung des Index

Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass man einen Index über- oder unterperformen kann, indem man ihn kontinuierlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten kauft.


Was können wir aus all dem lernen? Eine hohe Gewichtung von Einzeltiteln im MSCI World ist kein Grund dafür, dass er ein schlechter Index ist. Und selbst wenn dieses Klumpenrisiko dazu führt, dass der MSCI World in Zukunft stärker fällt als ein Europa- oder China-Index, bedeutet das nicht direkt eine schlechtere Rendite. Wichtiger sind das individuelle Sparverhalten und der Anlagehorizont. Der MSCI World bietet einen einfachen und unkomplizierten Einstieg in den Aktienmarkt. Es ist viel wichtiger, dies zu tun, als sich von Artikeln verunsichern zu lassen, und die meisten Alternativen sind komplexer, teurer und haben bisher nicht bewiesen, dass sie langfristig wirklich einen Vorteil bringen.


Der MSCI World ist also eine gute Anlage und mit Sicherheit nicht die schlechteste. Wer ihn hat, sollte dabei bleiben, auch wenn er in den kommenden Jahren hinter anderen Benchmarks zurückbleiben könnte. Denn die beste Anlage kann man nur im Nachhinein erkennen

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